Zurzeit bereitet der Philologenverband Baden-Württemberg eine Klage auf Einführung der Arbeitszeiterfassung für Lehrer im Land vor. Grundsätzlich gilt die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung natürlich auch für verbeamtete und angestellte Lehrkräfte. Allerdings fallen Beamte nicht in den Wirkungsbereich des Arbeitszeitgesetzes, doch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom September 2022, in dem die generelle Pflicht zur Arbeitszeit- erfassung in Deutschland festgestellt wurde, bezieht sich explizit auf das Arbeitsschutzgesetz (siehe § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG). In diesem Zusammenhang ist allerdings festzustellen, dass in der Realität die Arbeitszeit von Lehrkräften nur selten erfasst wird. Dabei sind die Arbeitszeiten von Lehrern von einigen Besonderheiten geprägt. Sie setzen sich zusammen aus den zu leistenden Unterrichtsstunden (Die Unterrichtsverpflichtung unterscheidet sich je nach Schulform), deren Vor- und Nachbereitung sowie zusätzlichen Tätigkeiten wie zum Beispiel Konferenzen und Klassenfahrten. Deshalb kommt es häufig in der Summe zu nicht erfasster Mehrarbeit. Gerade lange Arbeitszeiten sind offenbar entscheidend für die beruf- liche Unzufriedenheit vieler Lehrkräfte. In der Befragung für den Deutschen Philologen- verband von 2020 sahen 36 Prozent der online befragten Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien darin den Hauptgrund für ihre berufliche Unzufriedenheit.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass Lehrkräfte in Vollzeit von der in anderen Berufen üblichen 38- oder 40-Stunden-Woche meist weit entfernt liegen. Tatsächlich liegt der Normwert in einer Durchschnittswoche bei 46 Stunden und 38 Minuten. Diesen Wert nennt die Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften der Universität Göttingen in ihren neuesten Studien zur Arbeitszeit und Arbeitsbelastung von Lehrkräften, die bundesweit an weiterführenden Schulen durchgeführt wurde. Allerdings liegt die tatsächliche Wochen- arbeitszeit bei fast 50 Stunden, wie vor einiger Zeit der Bildungsexperte und frühere Berliner Staatssekretär Mark Rackles in einer Expertise für die Deutsche Telekom Stiftung zur Lehrerarbeitszeit ausgerechnet hat.

Der überwiegende Teil der Lehrkräfte fühlt sich also deutlich überlastet und arbeitet mehr als vorgesehen. Zugleich hängt dieser Berufsgruppe aber der weit verbreitete Ruf nach, mehr Freizeit zu haben als andere Berufstätige. Die wöchentliche Soll-Lehrerarbeitszeit ist sicherlich deutlich höher als die Regelarbeitszeit in anderen Berufen. Dies liegt insbesondere daran, dass sie sich auf die Schulwochen bezieht. Da in der unterrichtsfreien Zeit, also während der Schulferien, kein Unterricht stattfindet, ist davon auszugehen, dass Lehrerinnen und Lehrer in dieser Zeit etwas weniger arbeiten und die längere Arbeitszeit während der Schulwochen dann wieder zum Teil ausgeglichen wird.

Diese Sichtweise greift allerdings zu kurz, weil insbesondere durch die Digitalisierung im Bremer Schulsystem während der Corona-Pandemie der digitale Stress durch veränderte Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastungen der Lehrkräfte deutlich zugenommen hat (z.B. Einführung von iPads, interaktiven Whiteboards, its learning, digitales Klassenbuch etc.). Wir wissen deshalb, dass die Lehrkräfte im Land Bremen durchschnittlich deutlich mehr als die jährlichen vorgeschriebenen Beamtenstunden arbeiten. Gerade bei Teilzeitkräften gestaltet sich die Lage aufgrund verpflichtender Zusatztermine (z.B. Konferenzen) noch ungünstiger. Außerdem muss geklärt werden, was zur Arbeitszeit eines Lehrers gehört (z.B. Korrekturen von Klausuren oder Vorbereitungen des digitalen Unterrichts). Die Lösung des Problems liegt, wie die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) richtig erkennt, in der Entlastung der Lehrkräfte von Organisations- und Verwaltungsaufgaben (zum Beispiel Ausstattung, Beratung und Betreuung der IT). Eine angemessene Ausstattung mit Verwaltungspersonal und weiterem nicht pädagogischem Personal kann Lehrkräfte deutlich entlasten und Ressourcen für die unterrichtlichen Kernaufgaben freisetzen. Solange an Bremer Schulen diese Entlastungsvorschläge der SWK nicht konsequent umgesetzt werden, fordert der Bremer Philologenverband die Einführung einer Arbeitszeiterfassung für die Lehrkräfte im Land Bremen. Sollte die Arbeitszeiterfassung für die Lehrkräfte im Land Bremen von den zuständigen Stellen nicht umgesetzt werden, ist eine Klage, wie in Baden- Württemberg, nicht auszuschließen.